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  • Betriebe sollten Menschen mit Migrationshintergrund, die in zweiter und dritter Generation in Deutschland leben, stärker in ihre Personalstrategien einbeziehen.
  • Als sogenannte Grenzgänger*innen bringen sie wertvolle Kompetenzen für die Arbeitswelt mit.
  • Warum diese Mitarbeiter*innen ein Gewinn für Unternehmen sind, erläutert INQA-Botschafterin Prof. Dr. Jutta Rump im Interview.

Sie sind zentraler Bestandteil unseres Arbeitsmarktes – und geraten doch oft aus dem Blick: Menschen mit Migrationshintergrund, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschland leben. INQA-Botschafterin Prof. Dr. Jutta Rump erklärt, warum diese Mitarbeitenden für unseren Arbeitsmarkt so wichtig sind.

Wenn es um interkulturelle Teams geht, sprechen wir häufig von Geflüchteten oder von ausländischen Fachkräften. Aber welche Personen gehören noch dazu?

Wir differenzieren zwischen Menschen mit Migrationserfahrung – das ist die erste Generation, die einwandert – und Menschen mit Migrationshintergrund. Letztere haben selbst keine Migrationserfahrung, sind also die Kinder und Enkel der Einwander*innen. Sie werden als Folgegeneration bezeichnet. Rein wissenschaftlich gesehen geht man davon aus: Es braucht insgesamt drei Generationen, bis der Integrationsprozess abgeschlossen ist.

Gibt es besondere Merkmale, die diese Folgegeneration auszeichnen, auch wenn die ihr zugehörigen Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen kommen?

Es gibt einen Integrationsindex der Bundesagentur für Arbeit, bei dem Ländergruppen nach ihrer Integrationsschnelligkeit eingeteilt werden. Bei einigen findet die Integration schon in der Migrationsgeneration statt und die Einwander*innen selbst bemühen sich sehr stark, Teil der neuen Gesellschaft zu werden. Deren Kinder sind als sogenannte Grenzgänger*innen noch in beiden Kulturen verhaftet, nennen als Heimat aber schon ihr Einwanderungsland. Bei anderen Ländergruppen sind die Nachkommen auch in der vierten Generation noch Grenzgänger*innen und fühlen sich kulturell zerrissen. Was aber alle gemein haben: Menschen der Folgegenerationen bringen Kompetenzen mit, von denen unsere Arbeitswelt profitieren kann.

Was sind aus Ihrer Sicht Faktoren, die eine erfolgreiche Integration fördern?

Wie schnell sich Menschen integrieren hängt zum einen davon ab, warum sie einwandern. Es hat aber auch viel damit zu tun, wie viele Menschen aus dem jeweiligen Kulturkreis bereits im Einwanderungsland sind und wie diese integriert sind. Wer in einer kulturspezifischen Parallelgesellschaft leben kann, braucht sich nicht zu integrieren. Denn diese ermöglicht es den Menschen, zwar an einem neuen Ort zu sein, aber Teil ihrer ursprünglichen Gesellschaft zu bleiben. Im Idealfall sorgt also eine gelungene Integrationspolitik dafür, dass Einwander*innen nicht abgegrenzt sind, sondern inmitten der neuen Gesellschaft leben. Schaut man jedoch auf die Politik der 60er und 70er zurück, gab es viele Versäumnisse, deren Folgen wir auch heute noch in unserer Gesellschaft beziehungsweise in unserer Arbeitswelt spüren.

Bei betrieblichen Integrationsmaßnahmen stehen häufig hochqualifizierte Arbeitskräfte und Geflüchtete im Vordergrund. Fand die Folgegeneration bisher zu wenig Beachtung?

Das ist zumindest mein Eindruck. Tatsächlich haben viele Unternehmen gar nicht auf dem Schirm, bei Menschen mit Migrationshintergrund in zweiter und dritter Generation einmal genauer hinzuschauen. Unternehmen investieren eher in ausländische Fachkräfte, denn es gilt, diese zu rekrutieren, um konkurrenzfähig zu bleiben und sich als attraktiven Arbeitgeber*innen zu positionieren. Sie bieten Maßnahmen wie Sprachunterricht, Angebote zum Teambuilding etc. an. Seit 2015 ist die Zahl der Geflüchteten gestiegen und auch dazu leisten viele Unternehmen ihren Beitrag. Aber die Menschen mit Migrationshintergrund und ohne eigene Migrationserfahrung werden häufig eher vergessen.

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig für Betriebe, Menschen mit Migrationshintergrund stärker in den Blick zu nehmen?

Das hat mehrere Gründe. Erstens: Integration funktioniert vor allen Dingen über den Arbeitsmarkt. Zweitens: Die sogenannten Grenzgänger*innen sind in mehreren Kulturen zu Hause. In der Kultur, aus der ihre Eltern und Großeltern eingewandert sind ebenso wie in der des Einwanderungslandes. Daraus entwickeln sich zentrale Kompetenzen, wie Mehrsprachigkeit und Interkulturalität, von denen Unternehmen sehr profitieren können. Und deswegen sollten Grenzgänger*innen auch eine entsprechende Wertschätzung erfahren. Es ist wichtig, deutlich zu kommunizieren: Du besitzt eine Kompetenz, die sonst keiner hier im Betrieb hat. Drittens gilt es, potenzielle Konflikte zu vermeiden. Einige Grenzgänger*innen müssen zum Beispiel akzeptieren, dass es in unserer Gesellschaft normal ist, Anweisungen von Frauen zu befolgen. Obwohl sie solche Regeln kennen, weil sie hier geboren sind, wird bei ihnen zu Hause manchmal etwas anderes gelebt.

Wie kann man dann mit dieser Situation umgehen?

Innerhalb des Unternehmens muss eine klare Haltung mit deutlichen Regeln entwickelt und gelebt werden, die für alle gleichermaßen gilt. Und dann sind wir wieder beim Thema Wertschätzung: Je mehr Wertschätzung ich meinen Mitarbeitenden entgegenbringe, desto höher ist die Bereitschaft und Offenheit, die geltenden Werte und Regeln des Betriebes anzunehmen und zu leben.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Rump!

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